Coluche


„Was ich super finde, ist, dass die Leute sich in mir erkennen. Die Dämlichsten, die Hässlichsten sagen sich: „Wenn so ein Kerl wie der den Durchbruch schafft, dann kann ich es auch. Ich bin für den Durchschnittsmenschen zur Identifikationsfigur geworden“
Kabarettist, Komiker, Clown, Humorist, Schauspieler, Radiomoderator, Meister der Improvisation, begnadeter Künstler, leidenschaftlicher Motorradfahrer mit einem Weltrekord in der Tasche seiner karierten Latzhose, unermüdlicher Provokateur, „untoleranter Antirassist“ nach Aussage Vieler, beherzter Gründer eines der größten sozialen Nestwerke überhaupt „Les restos du coeur“ (Warme Suppenküchen für Bedürftige): Coluche, eigentlich Michel Colucci, war eine Lichtgestalt, die für nur kurze Zeit, wie ein Komet, auf der Bühne des Lebens leuchtete, bevor er an einem wunderschönen friedlichen Juninachmittag des Jahres 1986 mit seinem Motorrad dem Tod frontal entgegenfuhr. Er hatte ihn nicht kommen sehen, den Tod, in Gestalt eines Lastwagens, der ihm in einer tückischen Kurve plötzlich und unausweichlich im Weg stand.
Der Polemiker- Symbolfigur des Durchschnittsfranzosen, der kleinen Leute, der Proleten-, polarisierte wie kein anderer: Er galt als „engagierter Komiker“ der nach 68er-Generation, und gehörte mit Desproges, Reiser und Thierry Le Luron zu der Riege junger Kabarettisten, die sich von ihren Vorgängern wie den braven, konzilianten, nachsichtigen Fernand Raynaud oder Bourvil oder dem intellektuellen Raymond Devos dadurch unterschieden, dass sie politisch, sarkastisch, respektlos und eine Spur vulgär waren. Ihnen war nichts heilig. Es ist die Zeit der Demokratisierung der Werte, der Entsakralisierung der gesamten Obrigkeit, die Zeit der brutalen Sexualisierung von Sitten und Sprache, die mit einer schockierenden Enttabuisierung im Allgemeinen einher geht. Ganz besonders Coluche, der diensthabende Komiker der Arbeiter-Vororte, der Star-Prolet, verkörperte diesen Zeitgeist. Er war von allen Humoristen von weitem der Vulgärste, der Böseste, der Unbarmherzigste, der Anarchistischste und Sexistischste, aber auch der Authentischste und der Französischste. Für die Einen war er schier der Meister der Geschmacklosigkeit, für die Anderen ein Genie, ein unantastbares Denkmal, gemäß des antirassistischen Mottos: „Touche pas à mon pote“ (Finger weg von meinem Kumpel). Und seine Anhänger müssen zahlreicher als seine Gegner gewesen sein, denn Coluche schaffte das absolute Phänomen damals, bis zu 600 000 Zuschauern in seine One-Man-Shows zu locken.
„Die Arbeit ist nicht das Ziel im Leben. Das Ziel ist nichts zu tun. Außer Gangster oder Politiker gibt es aber nicht viele Berufe, wo man Geld verdienen kann, ohne sich abzurackern“
 
Auf dem Höhepunkt des Ruhms zerstörte er dann plötzlich alles, was er sich an Berühmtheit, Popularität und Reichtum selbst mühsam aufgebaut hatte. 1980 ließ er sich kurioser Weise als Kandidat für die Präsidentschaftswahl aufstellen, sein Fall nahm seinen rapiden Lauf. Doch er schaffte ein glänzendes Comeback, bekam 1984 einen Oscar als bester Schauspieler für seine Darstellung in „Tschao Pantin“ (Am Rande der Nacht“), holte im September 1985 zu seinem größten Werk aus „Les restos du coeur“. Sie existieren heute noch. Doch er war neun Monate danach nicht mehr da. Coluche wurde nur 41 Jahre.
Suzanne Bohn erzählt das fesselnde Leben eines Mannes voller dramatischen Widersprüche, der sich permanent zwischen Bösem und Gutem bewegt, eines traurigen Clowns, den viele Franzosen mehr als 25 Jahre nach seinem Tod weiter huldigen, als genialen Künstler, als modernen Apostel der Armen.


 

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