Berthe Morisot
Die verschwiegene, geheimnisvoile Impressionistin
Die Schwierigkeiten, mit denen Kûnstlerinnen im 19. Jahrhundert zu tun hatten, liefèen sich auf zwei aufschlussreiche Zitate aus dem direkten Umfeld der Berthe Morisot reduzieren:
Als ihr spâterer Schwager, der attraktive Edouard Manet,(sie heiratete dessen Bruder Eugène) sie und ihre ebenfalls malende Schwester Edma Morisot beim Kopieren der Alten Meister im Louvre- damais eine Art ôffentliche Lehranstalt fur aile- zum ersten Mal sieht, vertraut er einem Freund an:
« Die Morisot Schwestern sind sehr charmant. Schade nur, dass sie keine Mànner sind. Als Frauen kônnten sie der Sache der Malerei besser dienen, vuenn sie Mitglieder der Akademie des Beaux Arts heirateten und sie die alten Knacker ordentlich durchmischten ».
Die ,,alten Knacker" waren nâmlich die grôfèten Feinde der jungen Kunst- Révolutionâre, die unter dem Namen Impressionisten zu spâtem Ruhm kommen sollten.
Und Madame Morisot Senior, die ob der nicht ,,verheiratbaren" 30jâhrigen Berthe besorgte Mutter, schreibt an eine andere ihrer insgesamt drei Tôchter:
« Nach der allgemeinen gàngigen Meinung ist es immer noch besser das Opfer der Ehe zu bnngen als unverheiratet zu bleiben und auf einen Zustand zu beharren, der keiner ist
Kûnstlerin zu werden, das wusste Berthe schon sehr frûh, bedeutete, sich den Vorurteilen, der Diskriminierung, der Verachtung auszusetzen und sich zu marginalisieren, denn die Zeit und das grofèbûrgerliche Milieu, dem sie entstammte, sahen fur die Frauen eine andere Bestimmung vor. Eine Frau war nur ein anerkanntes Mitglied der Gesellschaft, wenn sie verheiratet war. Die Ehe und die Mutterschaft gaben ihr Namen, Legitimitât, verliehen ihr Respekt und Akzeptanz.
Weshalb Edma Morisot frûh dem gesellschaftlichen Druck nachgab, die Malerei aufgab, um Hausfrau und Mutter zu werden und somit Normalitat zu erlangen.
Berthe aber war die geborene Kûnstlerin, die sich nur beim Malen verwirklichte. So nahm sie dièse Deklassierung und die vielen Widrigkeiten im Kauf, wie zum Beispiel im Katalog der ausstellenden Kûnstler bei ihrer ersten Ausstellung im Jahre 1865 kaum oder als ,,malende Hausfrau" erwâhnt zu werden, oder lange keinen geeigneten Mann zu finden, so dass sie sehr spât heiratete oder auch keinen Anspruch auf ein eigenes Atelier fur ihr geduldetes ,,Hobby" zu haben.
Ihr ganzes Leben malte die treue Impressionistin Berthe Morisot die idealisierte Welt eines hâuslichen Glûcks, das sie selber vielleicht nie erreichte. Sie malte das gehauchte Gluck, das Superleichte, das traumhaft Luftige, das vornehme Reine, das Àsthetische par excellence, Oasen der Ruhe und der Harmonie. In Wirklichkeit war die nie lâchelnde Frau magersûchtig, neigte zu Depressionen, sie war verschlossen, unnahbar, verschwiegen.
Suzanne Bohn entfûhrt in die Welt einer Frau, die das Gluck malen zu dûrfen mit ihrem Schweigen und ihrem Zurûcknehmen erkaufte. Der Vortrag deckt auch auf, wie erstaunlich viele Frauen um Berthe Morisot herum im Verborgenen malten und nie Berûhmtheit erlangten.